Jutta fühlt sich alleine, sie ist seit Jahren Single und während Corona fühlte sie die Stille ihrer Wohnung erdrückend. Warum nicht ein Katze? Ja, das wäre bestimmt eine klasse Idee. Also schnell mal gegoogelt und im Tierheim angerufen, schließlich will man ja helfen.
Schnell ist ein Termin vereinbart und die verfügbaren Katzen werden vorgestellt. So ganz das Wahre ist nicht dabei. Die Mitarbeiterin ist freundlich und fragt Jutta wie sie sich ihre Katze denn so vorstellt?
Jung soll sie sein, am besten wäre ein Kitten, weil die sind ja so süß. Keinesfalls schwarz oder getigert, sondern was besonderes. Langhaar wäre auch toll. Nicht zu verspielt, denn die teuren Möbel dürfen keinesfalls kaputt gehen. Kratzbäume sind ja optisch nicht so ihres, aber mit Freigang wäre ihr am liebsten. Dann könnte die Katze morgens mit ihr das Haus verlassen und wartet dann abends schon vor der Tür, wenn sie nach Hause kommt. Katzenklappe? Nee, das geht nicht, ist ja ne Mietwohnung! Und sieht ja auch doof aus. Wie, ob der Vermieter mit Tierhaltung einverstanden ist? Wie lange Jutta arbeitet wollen die auch wissen, 40h im Schnitt natürlich, manchmal auch mit Überstunden.
Ne, zwei will sie keinesfalls, die Katze soll schließlich auf sie fokussiert sein. Und zwei sind zu teuer und machen ja viel mehr Arbeit!
Wohin im Urlaub? Hmmm, das hat Jutta noch nicht überlegt, aber irgend eine Nachbarin wird schon einmal am Tag kommen und Futter hinstellen. Auf Urlaub verzichten wegen Haustieren machen ja nur verrückte Katzenuschis. Tierarzt hat sie sich auch noch nicht überlegt, aber so ein Kitten braucht doch eh nix. So klein können die ja noch nicht krank sein, oder?
Die Mitarbeiterin fragt nach der Wohnsituation und Jutta meint sie wohne ziemlich im Zentrum von XY, ganz in der Nähe vom Bahnhof. Straßen? Natürlich gibts hier Straßen, aber ganz viele Nachbarn haben Freigänger, die lernen das schon aufzupassen, sind ja Katzen.
Die Mitarbeiterin sieht sie verständnislos an. Sie überlegt – soll sie Jutta wie Wahrheit sagen oder soll sie höflich bleiben?
Sie entscheidet sich für zweiteres und teilt ihr mit, dass leider derzeit nichts passendes da wäre, man sich aber melden würde, wenn….
Jutta hat inzwischen ein Kitten vom Bauern bekommen, das war sogar gratis! (Die Tierheime wollen ja sowieso nur Geld machen mit ihren Tieren!) Es hatte Schnupfen, Flöhe und Würmer, musste unzählige Male zum Tierarzt, aber nun sitzt es jeden Tag vor der Haustüre und wartet auf Jutta, bis sie nach Hause kommt, egal ob es schneit oder stürmt, auch bei 30 Grad im Schatten. Was für ein loyales Katzenkind! Bis eines Tages…. 

Jutta ist traurig und kommentiert überall auf Social Media wie besch … unsere Tierheime sind und die Mitarbeiter ja so unfassbar unfreundlich. Fragen einen auch total aus, keinerlei Privatsphäre!!! Frechheit! Den versprochenen Rückruf bekam sie nie, die wollen ja gar nicht vermitteln, hocken lieber auf ihren Tieren! Negative Bewertung auf Google gibts auch, denn ihr verwehrt niemand ein Haustier, denn sie ist ja so tierlieb!!
Gleichzeitig schickt sie einen traurigen Post in den Äther, dass ihre geliebte Katze wegen eines unfassbar rücksichtslosen Autofahrers nur 1 Jahr alt werden durfte, lässt sich von Freunden und Bekannten bemitleiden – sie habe ja so viel Pech! Es tue allen so unglaublich leid und der Autofahrer möge in der Hölle schmoren….
Nun ist Jutta wieder alleine … und überlegt welches Haustier denn besser zu ihr passen könnte als eine Katze….
(Die Geschichte ist nicht ganz frei erfunden – sollte sich jemand angesprochen fühlen tuts mir/uns nicht leid
. Solche und ähnliche Begegnungen und Anfragen erhalten Tierheimmitarbeiter und Vereine beinahe täglich. Sie lieben jeden einzelnen ihrer Schützlinge und wollen nur das Beste für sie – sie haben sie schließlich auch gerettet! Dazu gehört auch mal nein zu sagen, wenn die Gegebenheiten einfach nicht passen oder der Mensch sich ein – für seine Lebensumstände absolut nicht passendes – Tier wünscht. Das sind sie ihnen schuldig! Leider sind einige Menschen dann auf die Institution sauer statt zu reflektieren woran es lag. Und vielleicht einzusehen, dass der Mitarbeiter recht hatte!? Das schlimme dran ist, dass man mit (ungerechtfertigten) negativen Bewertungen niemandem – außer den Tieren – schadet! Und die können nichts für die Amazon-Mentalität der heutigen Gesellschaft! Vielleicht kann ich mit diesem Text den ein oder anderen zum Umdenken anregen. Vielleicht kann man sich dadurch ein wenig in die Situation der Tierschützer versetzen, die tagtäglich ihr Bestes geben – für die ungewollten, ausgesetzten und abgegebenen Lebewesen in ihrer Obhut)